Donnerstag, 24. September 2015

Wolf Hamm: Literatur auf Hundepfoten: Frisch bergab



Fünfter/sechster Tag
Eine ewig lange Etappe: 23,5 km. Ein wenig Angst habe ich vor der nächsten Begegnung mit Mira. Wie soll es weitergehen? Ich bin verliebt in sie? Und sie?
Am Frühstückstisch saß schon das Herrchen von Mira. Sportlich gekleidet, schlank und vornehm wie ein Landlord empfing er höflichst Auguste, obwohl sie ihre bunt gestreifte Selbststrickweste anhatte. Ich schämte mich für sie! Mira und ich bekamen unser Futter im Innenhof.
„Ich komme aus Pilsen“, erzählte Mira. „Ich aus Regensburg!“ Munter plauderte Mira los. Sie wohne bei reichen Besitzern. Deutsch habe sie in Berlin gelernt. Sie spreche aber auch Spanisch, Französisch und Kirchenlatein. Ihr Begleiter sei ihr Trainer; sie nehme an der Wanderung teil, damit ihr Gewicht für den nächsten Schönheitswettbewerb in Ordnung käme. Vaclav schreibe ein Buch über sie: „Wer ist die Schönste im ganzen Land? Mira – ein Leben für die Schönheit“. Sie habe bei Schönheitswettbewerben schon dreiunddreißig erste Plätze und fünfundzwanzig zweite gewonnen. In zwei Wochen nehme sie an der Weltmeisterschaft teil. Miss World!!! Den ganzen Weg hörte ich Geschichten aus dem Leben einer Schönheitskönigin. So eine weltberühmte Dame soll sich in mich verlieben?
Ich stürzte in eine Krise. Und dazu noch der Besuch des Drachenmuseums in Furth im Wald.

Über die elendigliche Situation
der Menschheit
im Immerjetzt und Überallwo,
geschrieben
in einem hysterischen Trancezustand
und in fiebriger Erregung
 von Wastl Grantinger

Papst und Kaiser bekriegten sich. Ihre Soldaten brachten sich gegenseitig um. Ganze Landstriche waren entvölkert. Ihre Verbrechen weckten den Urdrachen des Bösen, Bulzebär, aus seinem Tiefschlaf in Quarz-Höhle. Er freute sich, dass das Böse so erfolgreich die Erde ruinierte und wollte dabei mithelfen. Er näherte sich Furth im Wald. Alle die Krieger, die sich vorher bekämpft hatten, bekamen vor ihm Angst und flohen hinter die Mauern der Stadt. Dort umarmten sie sich und schworen: Nie mehr Krieg, wenn wir das überstanden haben.
Nur zwei Wesen könnten die Stadt retten, stand in einem Buch: zwei Lebewesen, deren erste Buchstaben ähnlich und doch unähnlich sind. Alle fragten herum, wer das denn sein könnte. Da wurde mir klar: „Das sind doch wir. „M“ ist ein umgekehrtes „W“, sagte ich zu Mira. „Wir müssen die Stadt retten.“ Laut kläffend liefen wir dem Drachen entgegen, kletterten an ihm hoch, bissen ihm die Augen aus, zerfledderten seine Kehle und schauten zu, wie das Böse langsam zu Boden sank. Wir feierten mit den Städtern drei Tage lang. Mira und ich hatten das Böse besiegt! Am vierten Tag verließen die Krieger die Stadt, beschimpften sich und begannen zu kämpfen.

Nach diesem Schreckenstraum war ich total krank. Auguste hatte am Morgen den Tierarzt geholt. Der verbot das Wandern. So fuhr ich mit dem Begleitauto die Strecke nach Domažlice. In Eschlkam legte ich eine Gedenkminute für Waldschmidt ein, dessen Fischerresl mich an Mira, die ich sehnlichst vermisste, erinnerte.

2 Kommentare:

  1. Servus Wastl, ich hoffe, du hast dich inzwischen von den Schrecken und Strapazen erholt - aber tröste dich, auch uns Zweibeinern wird es manchmal zu viel. Deshalb haben wir ja auch unser(e) Begleitfahrzeug(e) und wechseln uns bei der Organisation der Etappen ab. Dabeisein ist alles!

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  2. Servus Sabine,
    uns Hunden ist das Wandern zwar vertraut, aber wesensfremd. Einen Hasen oder ein Reh jagen, das bringt echt Spaß. Aber auf einer Wanderroute mit gepflegten Wegen, Jausenstationen und so, das scheint mir merkwürdig. Da sagen die Menschen, sie seien in der Natur. Ich bin in der Natur, wenn ich einen Fuchs über Stock und Stein jage. Aber so hatschen wir Hunde meistens angeleint durch die gebändigte Natur.
    Nur bei dieser literarischen Wanderung habe ich viel Spaß und Abwechslung, denn Mira und Auguste sind unterhaltsamer als ein Fuchs.
    Dabeisein ist alles - vor allem, wenn es um das Reden geht, da mach ich gerne mit.
    Herzlichst
    Wastl Grantinger

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